Die Freuden der Pflicht
Da seine Geschwister erwachsen waren und der Pflichtenkreis der Eltern so sehr wuchs, dass man keine gesonderte Rücksicht auf ihn nehmen konnte, geschah es häufig genug, dass man ihn wie einen Erwachsenen behandelte. Er wurde Zeuge von Verhandlungen, Auseinandersetzungen, polizeilichen Maßnahmen und Vorgängen. Er nahm an Aktionen teil, die im Hinblick auf seine kognitiven Fähigkeiten nicht folgenlos bleiben konnten. Von seinem Vater in amtliche Sachverhalte eingeweiht, zeigte Siggi J. seine Unabhängigkeit darin, dass er die Bündnisse, die sein Vater ihm vorschlug, nicht annahm oder stillschweigend verletzte, wenn er sich im Recht glaubte. Wenn er der Meinung war, dass er Prügel verdient hatte, bereitete er dem Strafenden nicht nur keine Schwierigkeiten, sondern erleichterte ihm die Arbeit, indem er sich freiwillig zur Züchtigung anbot.

(aus: Siegfried Lenz, Deutschstunde, 1968)

Bonfiglio, Senza titolo (1969)

Funktionsverbgefüge

  • sind eine feste Kombination aus einem Verb (Funktionsverb) und einem Nomen (Akkusativ oder Präpositionalgruppe), deren gesamte Bedeutung sich aus der Bedeutung des Nomens ableiten lässt.
    Der Fachmann hat einen interessanten Vortrag gehalten.
    Seinen Einwand konnte ich nicht in Betracht ziehen.
  • können meist ohne wesentlichen Bedeutungsunterschied durch ein Hauptverb ersetzt werden, dessen Stamm mit dem Stamm des Nomens identisch ist.
    Der Arzt gab dem Patienten die Erlaubnis, das Bett zu verlassen.
    Der Arzt erlaubte dem Patienten, das Bett zu verlassen.

    Auf diese Frage müssen wir unbedingt eine Antwort geben.
    Auf diese Frage müssen wir unbedingt antworten.
    Wir kamen zum Entschluss, nicht mehr zu warten.
    Wir entschlossen uns, nicht mehr zu warten.
    Die Kinder nahmen von ihrem Eltern Abschied.
    Die Kinder verabschiedeten sich von ihren Eltern.
  • werden im Akkusativ vorwiegend mit dem Negativartikel kein- negiert, können aber auch mit nicht negiert werden.
    Wir konnten keine Entscheidung treffen.
    Eine Entscheidung konnten wir nicht treffen.
  • können in der Präpositionalgruppe nicht mit kein- negiert werden.
    Der Kapitän setzte die Maschine in Bewegung.
    Der Kapitän setzte die Maschine nicht in Bewegung.
  • werden vorwiegend in der Amtssprache und in der Sprache der Wissenschaft verwendet.
    Der Stadtrat wird den Beschluss fassen, eine Aktion gegen die Randalierer vorzunehmen.
    Kinder haben Anspruch auf den Schutz der Eltern.
    Die Dealer haben auch härtere Drogen im Angebot.
  • können auch in der Alltagssprache verwendet werden.
    Diese Tragödie muss unbedingt ein Ende finden.
    Wer trägt die Verantwortung für die ganze Organisation?

Funktionsverbgefüge

kommen
bringen
stehen
geraten
setzen
stellen
halten
nehmen
geben
finden
treffen
haben
machen
   u. a.

  • bilden eine feste Kombination mit einem Nomen (Gefügenomen).
  • verlieren generell ihre Grundbedeutung. Denn der verbale Inhalt ist in das Nomen verlagert.
  • bezeichnen immer ein Geschehen, wobei nicht eindeutig geklärt ist, welche Verben als Funktionsverben fungieren können.
  • erfüllen nur eine grammatikalische Funktion (Person, Numerus und Tempus). Daher die Bezeichnung ‚Funktionsverben‘.
    Nach langem Diskutieren konnten wir endlich Schluss machen.
    Kannst du bitte deine Sachen in Ordnung bringen?
    Mein Vater hört nie auf, Fragen zu stellen.
    Frau Wolbe hat mir keine Aufmerksamkeit geschenkt.

    Wir konnten keine gesonderte Rücksicht auf ihn nehmen.

Gefügenomen

  • werden die Nomen genannt, wenn sie eine feste Kombination mit einem Verb eingehen.
  • drücken den verbalen Inhalt aus. Das Verb hat seine ursprüngliche Bedeutung verloren.
  • können nicht mit einem Pronomen ersetzt werden.
  • können nicht erfragt werden.
  • werden selten im Numerus verändert.
  • können im Akkusativ stehen oder eine Präpositionalgruppe bilden.
  • können teilweise mit adjektivischen Attributen erweitert werden.
    Herr Müller hat schwerwiegende Fragen gestellt.
    Im Kampf leisteten unsere Soldaten einen erbitterten Widerstand.