Amalia
Franz von Moor: Amalia ist nicht gleichgültig gegen ihn! Lässt sie nicht so gierig schmachtende Blicke auf dem Kerl herumkreuzen, mit denen sie doch gegen alle Welt sonst so geizig tut? ­– Sah ichs nicht, wie sie ein paar diebische Tränen in den Wein fallen ließ, den er hinter meinem Rücken so hastig in sich schlürfte, als wenn er das Glas mit hineinziehen wollte? Ja, das sah ich, durch den Spiegel sah ichs mit diesen meinen Augen.

(aus: Friedrich Schiller, Die Räuber, 1781)
Frauenpoträt von Gustav Klimt. Bleiche Frauenfigur mit schwarzem Haar in einem enganliegenden goldenen Kleid auf goldenem Hintergrund.

Die Infinitivverben

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  • Wie die Modalverben treten die Infinitivverben in Verbindung mit einem Hauptverb im Infinitiv (ohne zu!) auf.
    Anna lässt sich die Haare schneiden.
    Amalia lässt diebische Tränen in den Wein fallen.
  • Anders als die Modalverben haben die Infinitivverben ein anderes Subjekt als das Subjekt des Hauptverbs im Infinitiv. Das Subjekt des Hauptverbs im Infinitiv besteht aus einem Satzglied im Akkusativ, das vom Infinitivverb abhängt.
    Amalia lässt gierig schmachtende Blicke auf dem Kerl herumkreuzen.
    (Die Blicke kreuzen auf dem Kerl herum.)
    Amalia ließ ein paar diebische Tränen in den Wein fallen.
    (Die Tränen fallen in den Wein.)

    Wir sahen einen Herrn von Ferne kommen.
    (Ein Herr kommt.)
  • Das Subjekt des Hauptverbs im Infinitiv kann auch nicht auftreten.
    Wir hören (die Vöglein) singen.
    Anna lässt sich die Haare schneiden.
  • Wie die Modalverben hat das Partizip II der Infinitivverben in den zusammengesetzten Tempora dieselbe Form des Infinitivs.
    Anna hat sich die Haare schneiden lassen.
    Wir haben den Herrn von Ferne kommen sehen.
  • Die Infinitivverben sind eigentlich Hauptverben mit regelmäßiger Konjugation. Das Partizip II der Hauptverben wird regelmäßig mit ge gebildet.
    Ich habe Amalias Tränen gesehen.