Fragen eines lesenden Arbeiters
Wer baute das siebentorige Theben?
In den Büchern stehen die Namen von Königen.

Haben die Könige die Felsbrocken herbeigeschleppt?
Und das mehrmals zerstörte Babylon – Wer baute es so viele Male auf? In welchen Häusern
Des goldstrahlenden Lima wohnten die Bauleute?

Wohin gingen an dem Abend, wo die Chinesische Mauer fertig war,
Die Maurer? Das große Rom
Ist voll von Triumphbögen.
Wer errichtete sie? Über wen
Triumphierten die Cäsaren?
Hatte das vielbesungene Byzanz
Nur Paläste für seine Bewohner?
Selbst in dem sagenhaften Atlantis
Brüllten in der Nacht, wo das Meer es verschlang,
Die Ersaufenden nach ihren Sklaven.
Der junge Alexander eroberte Indien.
Er allein?
Cäsar schlug die Gallier.
Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich?
Philipp von Spanien weinte, als seine Flotte
Untergegangen war. Weinte sonst niemand?
Friedrich der Zweite siegte im Siebenjährigen Krieg. Wer siegte außer ihm?

Jede Seite ein Sieg.
Wer kochte den Siegesschmaus?
Alle zehn Jahre ein großer Mann.
Wer bezahlte die Spesen?

So viele Berichte.
So viele Fragen.

(Bertolt Brecht, Fragen eines lesenden Arbeiters, 1935)
  • Konstativsatz
  • Fragesatz mit Fragewort (w-Frage)
  • Fragesatz ohne Fragewort (ja/nein-Frage)

Monochromes Ölgemälde von Vincent van Gogh. Ein einfacher Mann sitzt auf einem Stuhl und liest. .
Vincent van Gogh, Lesender Bauer (1881)

Die Hauptsätze

  • bestehen aus einem Verb und einer unterschiedlichen Anzahl von Satzgliedern.
  • enthalten immer ein finites Verb, das den ersten oder den zweiten Platz einnimmt.
  • können andere verbale Teile (nicht am Verb hängende Verbzusätze, Verben im Infinitiv und im Partizip II) enthalten, die am Ende des Satzes stehen.
  • Auf Grund der Stellung des Verbs unterscheidet man:
Aussagesätze
  • haben den finiten Verbteil an der zweiten Stelle.
  • Die erste Stelle wird von einem beliebigen Satzglied besetzt.
    In den Büchern stehen die Namen von Königen.
    Das große Rom ist voll von Triumphbögen.
    Der junge Alexander eroberte Indien.
    Für heute Abend habe ich ein schönes Programm.
    Ich sehe mir einen schönen Film im Kino an.
    Ich will nicht wie sonst zu Hause bleiben.
    Ich will mir nicht wie sonst einen dummen Film ansehen.

    Die ganze Woche bin ich schon zu Hause geblieben.
    Ich habe mir schon die ganze Woche jeden Abend einen dummen Film angesehen.

Im Aussagesatzsatz kann vor dem Verb nur ein Satzglied stehen. Das kann das Subjekt oder auch ein anderes Satzglied sein. Das Subjekt steht allerdings immer in der Nähe des Verbs. Wenn es nicht vor dem Verb steht, tritt es gleich hinter ihm auf.

Fragesätze mit Fragewort (w-Frage)
  • haben den finiten Verbteil an der zweiten Stelle.
  • Der erste Platz wird von einem beliebigen Satzglied besetzt, das aber mit einem Fragewort (Frageadverb, Fragepronomen oder Frageartikel) anfangen muss.
  • Wer baute das siebentorige Theben?
    In welchen Häusern des goldstrahlenden Lima wohnten die Bauleute?
    Wohin gingen an dem Abend die Maurer?
    Über wen triumphierten die Cäsaren?
    Wohin gehst du denn jetzt?
    Was hast du für heute Abend vor?
    Was möchtest du denn heute Abend machen?

    Mit wem willst du ausgehen?
    Was hast du gestern Abend gemacht?
    Welchen Film hast du dir gestern angeschaut?
Fragesatz ohne Fragewort (ja/nein-Frage)
  • haben den finiten Verbteil an der ersten Stelle.
    Hatte Caesar nicht wenigstens einen Koch bei sich?
    Hatte das vielbesungene Byzanz nur Paläste für seine Bewohner?
    Bleibst du am Abend immer zu Haus?
    Hast du für heute Abend etwas vor?
    Willst du heute Abend zu Haus bleiben?
    Willst du heute Abend wirklich ausgehen?
    Bist du gestern Abend zu Haus geblieben?
    Bist du gestern Abend ausgegangen?

Imperativsätze
  • haben das Verb im Imperativ meist an der ersten Stelle.
  • Die Stelle vor dem Verb kann nur mit kurzen Wörtern besetzt werden: nun, dann, jetzt, so
    Komm mal rein!
    Nun komm mal rein!
    Kommt schon rein!
    Jetzt kommen Sie schon mal rein!